Das
Projekt
Die
Bibel als Großerzählung
des eigenen Lebens
Großerzählungen
sind Versuche, die Welt
als Ganze zu deuten und
das eigene Leben darin
zu verorten. Der
Kommunismus, der
Kapitalismus und die großen
theologischen Systeme
sind solche Großerzählungen.
Die Großerzählungen
des Kommunismus, des
Sozialismus, der
Kapitalismus und auch
die großen
theologischen Erzählungen
der Wort Gottes
Theologie und der
Entmythologisierung sind
zerbrochen, genauso wie
die Großerzählung der
katholischen Theologie.
Auch die Zeit des
Patchworks, in der man
Stücke der eigenen
Biografie,
Lebensabschnitte und
Lebensentwürfe zu einem
Ganzen zusammenzunähen
versuchte, ist vorbei.
Auch in der Theologie
scheint Patchwork ein
Ende gefunden zu haben.
Als peinlich schien es
mir dort schon immer
gestempelt worden zu
sein und eher heimlich
vollzogen worden zu
sein.
Wir befinden uns im
Zeitalter des Zappens.
Das heißt, unser Leben
ist ähnlich aufgebaut
wie in Fernsehabend, in
dessen Verlauf wir
zwischen verschiedenen
Kanälen hin- und
herspringen
("zappen").
Ein socher Fernsehabend
besteht nicht mehr aus
einer zusammenhängenden
Erzählung (Film),
sondern aus vielen
Einzelclips. Ein
Zusammennähen der
Einzelabschnitte wird
erst gar nicht mehr
versucht. Einzelne
Filmclips des Lebens
stehen unverbunden neben
und nacheinander.
Lebensgeschichte
entsteht nicht mehr. Ab
und an taucht ein in der
Vergangenheit erlebter
Clip wieder auf, als
Erinnerungsfetzen
sozusagen. Generell aber
spielt die Erinnerung
kaum eine Rolle. Die
Gegenwart ist
bestimmend. Selbst die
Zukunft tritt zurück.
Denn eine aus
unverbundenen Clips
bestehende Gegenwart,
die keine Geschichte
kennt kann keine Zukunft
entwerfen. Ihr fehlt das
Fundament, die Startbahn
einer zusammenhängenden
Geschichte, um Träume,
und seinen es nur
Planungen, in die
Zukunft abheben zu
lassen.
Ähnliches ist natürlich
auch in der Theologie
geschehen. Sie ging von
den großen Entwürfen
über eine
uneingestandene Phase
des Patchwork in die
Zerstückelung, die Zeit
der Clips über.
Dogmatikentwürfe geben
hauptsächlich die
verschiedenen
Standpunkte zum Thema
wieder und flechten den
eigenen Standpunkt
beinahe verschämt ein.
Wohl deshalb, weil das
Vernähen zum Patchwork
nicht salonfähig wurde
und die großen Dome der
Dogmatik in sich
zusammengefallen sind
und hoffentlich auch
nicht mehr aufgebaut
werden.
Was aber bleibt, ausser
dem momentanen Clip, vom
Leben, wenn die
Lebensgeschichte fehlt?
Oder fehlt sie gar
nicht? Sie fehlt nicht.
Sie wird körperlich
tradiert. Der Geist
zappt, der Körper
bleibt. Er muss von Clip
zu Clip wechseln und
nimmt die Erfahrungen
aus den vorhergegangenen
Clips mit. Der Körper
wird schlauer als der
Geist. Insgeheim reift
in ihm der Lebensweg.
Die Clips unsichtbar
unter die Haut tätowiert,
muss er versuchen, die
Einzelbilder zu
arrangieren. Der Geist
hilft ihm nicht, er
nimmt nur auf. Die
Zusammenarbeit ist
aufgekündigt. Die
Verantwortung bleibt am
Körper hängen. Welch
Ironie nach einer Zeit,
in der die Vernunft
alles galt und
begeistert gegen die
Religion ins Feld geführt
wurde. Nun umarmen sie
die Religion, die
Philosophen - als Chance
wieder Kontakt zum Körper
zu bekommen, dem man
letztlich alles aufgebürdet
hatte.
Der Körper hält das
Leben zusammen-
weitgehend allein in
unserer Zeit. Kein
Wunder, dass er beinahe
kultisch verehrt wird.
Befriedigend aber ist
das nicht.
Errungenschaften vernünftiger
Kultur zerbrechen. Das
Interesse an Staat und
Gesetz etwas zerbricht.
Geordnetes Leben vor
allem Zusammenleben wird
zunehmend schwieriger.
Der Körper verliert das
Korrektiv. Ein
Abstrahieren von sich
selbst wird zunehmend
schwieriger. Es fehlt
die bewusst gemachte
Geschichte, der
Zusammenhang, eine
Ahnung davon, wer ich
bin, um mich angemessen,
relativ ausgeglichen
verhalten zu können.
Was wäre möglich, um
dieses Handicap zu
beheben? Man bräuchte
ein Kompendium
menschlichen Lebens.
Niemand müsste es
auswendig im Kopf
tragen. Es reichte, wenn
es in Buchform vorläge,
als eine Art Tagebuch.
Bei Bedarf könnte man
nachschlagen, sein
momentanes Leben in den
Zusammenhang einordnen,
vielleicht
Verbindungslinien
ziehen. Man könnte
Vergangenheit überarbeiten
und von dort aus Linien
in die Zukunft ziehen.
Aber ist das nicht zu
viel verlangt? Ist das
nicht der Aufruf zum
Dombau des Lebens, eines
flexiblen Dombaus
wohlgemerkt, an dem auch
das seit längerem
festgeklopfte Fundament
wieder mal gelockert
werden kann?
Ja, es ist zuviel
verlangt. Und nein, es
geht nicht um einen
Dombau, nämlich nicht
in erster Linie um möglichst
magere, vernünftige Sätze
und Folgerungen, die ein
relativ starres Gebilde
formen. Es geht um breit
interpretierbare Großgeschichten
ohne allzu fest stehende
Aussage. Sie selbst zu
schreiben wäre eine Überforderung.
Deshalb mein Vorschlag:
Man nehme eine möglichst
komplexe über viele
Generationen, wenn möglich
sogar über Kulturen
hinweggewachsene Großgeschichte.
Sie sollte streng
kanonisiert sein und
dabei den Bogen vom
Beginn der Welt bis zu
ihrem Ende spannen. Sie
sollte bis zu ihrer
Kanonisierung immer
wieder behutsam überarbeitet
worden sein.
Warum das alles?
Warum möglichst komplex
über viele Generationen
oder gar Kulturen
hinweggewachsen?
Es sollten möglichst
alle menschlichen
Regungen und möglichen
Lebenssituationen in
dieser Geschichte
enthalten sein. Denn die
persönlichen Clips
sollen dort eingeordnet
werden können. Sie
sollen in einen
Sinnzusammenhang
aufgenommen werden können.
Dieser Sinnzusammenhang
darf aber keineswegs
starr sein, wie man
vielleicht annehmen oder
auch berechtigt befürchten
könnte. Er sollte
vielmehr breit
interpretierbar sein und
durch die individuelle
Schwerergewichtung
einzelner Clips sein
Gesamtschwergewicht
verlagern können.
Warum streng
kanonisiert? Um
gesellschaftsfähig,
d.h. nicht abgrenzend,
sondern möglichst
zumindest für eine größere
Gruppe gemeinschaftsfördernd
zu sein, muss sie möglichst
im Wortlaut von der
gesamten Gruppe geteilt
werden. Auch hier geht
es nicht um eine Art
Gleichschaltung. Im
Gegenteil: Durch die
sehr unterschiedlichen
individuellen
Lebensclips, die zudem
stark unterschiedlich
gewichtet werden,
vielleicht sogar an ganz
anderen Stellen
eingeflochten werden,
entstehen
unterschiedlichste
Deutungen der Großgeschichte
und ihrer Einzelteile.
Die unterschiedlichen
Deutungen können aber
aufgrund des wörtlich
kanonisierten Textes
miteinander im Gespräch
bleiben, konkurrieren
und sich gegenseitig
befruchten.
Warum ein Bogen vom
Beginn bis zum Ende der
Welt? Die eigene
Lebensgeschichte soll in
die Welt als Ganze
eingebettet werden können.
Es sollen keine
Teilwelten entstehen.
Vielmehr soll die Welt
im Zusammenhang und
gegenseitigem
Miteinander verstanden
werden.
Bei der Auswahl der Großerzählung
wurde für dieses
Projekt die Bibel gewählt.
Und zwar aus folgenden
Gründen. Die Bibel ist
gerade in Europa eine
noch relativ bekannte
Großerzählung mit
diversen Anknüpfungspunkten
in der Kultur und im
persönlichen Erleben.
Sie ist einer der am
strengsten kanonisierten
Texte. Der Wortlaut
steht weitestgehend fest
und divergiert beinahe
nur in den Übersetzungen,
also den ohnehin persönlichen
Zugängen.
All das würde etwa auch
auf den Koran zutreffen.
Der Koran wurde nicht
ausgewählt, da seine
Entstehungsgeschichte zu
kurz ist und gar keine
oder kaum Überarbeitungen
aufweist. Die Texte der
Bibel hingegen sind
reich überarbeitet und
mannigfaltig in ihre
kontextuelle Umgebung
eingepasst. Auch der
Gesamttext wurde, zumal
in den Übersetzungen
aufeinander abgeglichen,
ohne dabei seine
Sperrigkeit zu
verlieren.
Auf dieser Grundlage
wurden mit folgendem
Text unterschiedlichste
Menschen angeschrieben:
Herzlich lade ich Sie
ein, sich, falls noch
nicht geschehen, am
Projekt "wie es
geschrieben
steht..." zu
beteiligen.
Projektbeschreibung: Anlässlich
des Jahres der Bibel
2003 entsteht durch Ihre
Mitarbeit eine moderne,
bebilderte
Bibelhandschrift (CD und
evtl. Druck)
Suchen Sie sich einen
Text der Bibel aus und
gestalten Sie ihn durch
ihre Handschrift, Fotos,
Malerei, Grafik, usw.
Jede Technik, jedes
Material und alle
deutschsprachigen Bibelübersetzungen
sind erlaubt.
Einsendungen und
Reservierungen bis zum
31.12.2004 an: Michael
Krauß,
Martinsreutherstraße
17a, D-95032 Hof.
Telefonische Auskunft:
09281-86 017 86
Gerne können Sie Ihre
Arbeiten auch
digitalisiert an diese
Mailadresse senden.
(Dateigröße maximal
7MB)
Alle Rechte ausgenommen
für die Präsentation
unter
www.wieesgeschriebensteht.de
, CD und die eventuelle
Druckversion der
Projektbibel verbleiben
bei Ihnen.
Sie erhalten für Ihre
Mitarbeit (ab einem von
Ihnen bearbeiteten
Kapitel) die gesamte
Bibelausgabe als CD mit
den Namen aller
Teilnehmenden im Anhang.
Auf Wunsch auch mit
Ihren Kontaktdaten und
eigener Stellungnahme zu
Ihren Arbeiten. Daß wir
Ihnen keine finanzielle
Entlohnung bieten können,
liegt daran, daß das
gesamte Projekt,
einschließlich
Programmierung usw.
ehrenamtlich betrieben
wird. Sollten aus dem
Projekt irgendwelche
Gewinne entstehen,
kommen Sie der
Entwicklungshilfe
zugute.
Alle schon reservierten
Stellen und weitere
Informationen finden Sie
unter
www.wieesgeschriebensteht.de
oder auf Rückfrage
unter dieser
Mailadresse. Gerne bin
ich auch bei der Suche
nach geeigneten Stellen
behilflich.
"Wie es geschrieben
steht..." wird
unterstütz von der
Arbeitsgemeinschaft
Christlicher Kirchen,
den christlichen Werken
und Verbänden, der Österreichischen
Bibelgesellschaft, dem
Ökumenereferat der
Erzdiözese Salzburg und
zahlreichen
Einzelgemeinden.
Unter der genannten
Internetadresse
www.wieesgeschriebensteht.de
fand sich eine
Demoversion mit den
jeweils bis dahin
eingesandten
Bearbeitungen und
folgende Information:
Das Wort Gottes hat
eigene Wirkkraft. Es
spricht Menschen aus
sich heraus an und regt
zur Antwort an. Es formt
Menschen und Menschen
bringen es wiederum in
neue Formen, indem sie
es auslegen.
Das Abschreiben
biblischer Texte hat
jahrhundertealte
Tradition, die selbst
den Wortlaut der Bibel
mitgeprägt hat.
Im Jahr der Bibel soll
u.a. diese Tradition
wieder aufgenommen
werden.
Mit der Einführung der
Buchdruckkunst ist die
individuelle Handschrift
weitgehend aus den Büchern
und damit auch aus
"dem Buch"
verschwunden. Der Text
wird dadurch neutraler
und einheitlicher. Der
Charakter der Bibel als
ein einheitliches Buch
tritt in den
Vordergrund.
Das Projekt "Wie es
geschrieben steht",
möchte die
unterschiedliche Wirkung
biblischer Text auf
verschiedene Menschen in
den Vordergrund rücken.
Sie will damit
gleichzeitig deutlich
machen, dass die Bibel
kein einheitlicher Text
ist, wie man ihn aus
Romanen kennt. In ihr
spiegeln sich vielmehr
die Erfahrungen
verschiedener Menschen
und Generationen in ganz
unterschiedlichen
Texten. Sie alle aber
zeigen gerade in ihrer
Unterschiedlichkeit das
Leben mit dem einen Gott
und bilden von daher
wieder berechtigter
Weise ein Ganzes in
einem Buch.
Individuelle Handschrift
ist persönliche Deutung
/ Verarbeitung /
Bearbeitung. Handschrift
kann Müdigkeit,
Aggression, Liebe, Ängstlichkeit,
Übermut, Sorgfalt,
Freude, Traurigkeit und
vieles mehr ausdrücken.
Ein per Hand von vielen
Personen abgeschriebene
Bibel verliert auf den
ersten Blick an
Einheitlichkeit. Sie
gewinnt aber an
Konkretheit. Sie gewinnt
an Deutlichkeit, weil
Gott durch Menschen
spricht. Sie gewinnt
Lebendigkeit, die uns
noch heute aus alten
Klosterhandschriften
entgegenströmt.
Die Handschrift als
grundlegendes
Gestaltungsmittel wurde
gewählt um auch
gestalterisch nicht geübten
Personen die Teilnahme
zu ermöglichen. Der
Zwang grundsätzlich
auch handschriftliche
Bearbeitungen
einzureichen wurde im
Laufe des Projekts
aufgegeben. So konnten
auch nicht speziell für
das Projekt entworfene
Gestaltungen eingereicht
werden. Auch
Gestaltungen, die ursprünglich
nicht einmal mit
biblischem Bezug
hergestellt wurden,
konnten so nachträglich
mit biblischen Texten
verbunden werden -
entsprechend diversen
Lebensclips, die ursprünglich
auch keinen biblischen
Bezug hatten, aber so,
dank des biblischen
Reichtums an
menschlicher Erfahrung,
nachträglich biblisch
verortet werden können.
Ein Nachtrag zum Logo:
Hinter der
"Kreuzung" aus
der Dornenkrone Jesu und
dem Davidsstern verbirgt
sich keine Band und
keine Sekte, wie
gelegentlich angenommen
wurde. Im Gegenteil: Das
Konzept des Projekts ist
auf einen breitestmöglichen
Zugang angewiesen. Es
lebt von der breite der
möglichen
Interpretationen
biblischer Texte - von
ablehnend bis anlehnend.
Es wurde deshalb die
breiteste Unterstützergemeinschaft
begründet, die möglich
war: Die
Arbeitsgemeinschaft
christlicher Kirchen und
Verbände: ein
Zusammenschluss aller maßgeblichen
christlichen Verbände
und Organisationen von
kleinen Freikirchen bis
zu den großen
evangelischen und
katholischen Kirchen.
Das Projekt in einem
derart großen Umfeld zu
starten, wurde innerhalb
des von dieser
Organisation getragenen
Jahres der Bibel 2003 möglich.
Das Motiv der mit dem
Davisstern
verschmolzenen
Dornenkrone Jesu will
Altes und Neues
Testament in einem
Symbol miteinander verknüpfen,
ohne eines der beiden stärker
zu betonen, wie das beim
Kreuz oder ähnlichen
Symbolen er Fall gewesen
wäre. Dahinter steht
das Konzept des
Projektes, das um des möglichst
breiten persönlichen
Interpretationsspielraums
willen eine von
vorneherein
christuszentrierte
Deutung zu vermeiden
sucht.
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